Tieferes Konkursrisiko bei Unternehmen mit Revisionsstelle?

Konkurse verursachen einen beträchtlichen volkswirtschaftlichen Schaden. Eine Studie von Bergmann und Schreiner legt nahe, dass Unternehmen mit einer Revisionsstelle eine höhere finanzielle Solidität aufweisen, als Unternehmen mit einem Opting-out und somit das Konkursrisiko bei Unternehmen mit einer Revisionsstelle tiefer ist als ohne Revisionsstelle.

Welche Beiträge kann die Revisionsstelle zur Vermeidung von Konkursen leisten? Im Rahmen einer an der ZHAW verfassten Masterarbeit wurden mögliche Beiträge der Revisionsstelle zur Vermeidung von Konkursen und Konkursverschleppung untersucht und anschliessend in einem EXPERT FOCUS Artikel vorgestellt. Bei nachfolgenden Konkursgründen wird die Beeinflussbarkeit durch die Revisionsstelle als gegeben erachtet:

Finanzierungslücken: Überlegungen und Analysen durch die Revisionsstelle können zu einem präventiven Einwirken und frühzeitigen Warnen führen.

Fehlendes Controlling: Einflusspotential im Rahmen der IKS-Prüfung bei ordentlichen Revisionen. Bei Zweifeln bezüglich der Unternehmensfortführungsfähigkeit hat das Unternehmen der Revisionsstelle sowohl bei einer ordentlichen wie auch bei einer eingeschränkten Revision fundierte Einschätzungen und Berechnungen (z. B. Budget, Liquiditätsplanung) vorzulegen. Das Unternehmen muss sich intensiv mit der Zukunft aus finanzieller Sicht beschäftigen. Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse werden Massnahmen zum Abwenden eines drohenden Konkurses ergriffen.

Unzureichendes Debitorenmanagement: Die Revisionsstelle kann einen Beitrag leisten, indem sie das Debitorenmanagement in ihrer Berichterstattung an den Verwaltungsrat bemängelt und allfällige Empfehlungen zu dessen Verbesserung abgibt.

Betrug: Im Rahmen einer ordentlichen Revision besteht eine Pflicht zu Prüfungshandlungen und zur Berichterstattung. In Abhängigkeit vom Ausmass des Betrugs ist der Einfluss zwar eingeschränkt und ein Konkurs kann nicht in jedem Fall vermieden werden, zumal die Prüfung nachgelagert erfolgt. Dennoch hat die Revisionsstelle aufgrund ihrer Prüfungspflicht die Möglichkeit, einen Betrug aufzudecken und dadurch weiteren Schaden zu verhindern.

Ausplünderung durch die Aktionäre: Die Revisionsstelle prüft im Rahmen ihrer Prüfungspflicht die Gewinnverwendung und die gewährten Aktionärsdarlehen, weist im Rahmen der Berichterstattung auf allfällige Gesetzesverstösse oder Unverhältnismässigkeiten hin und bewegt das Unternehmen dadurch gegebenenfalls zu einer Handlung. Ist eine Revisionsstelle mandatiert, kann dies zu einer höheren Abschlussqualität führen. Eine finanziell prekäre Lage kann früher erkannt werden. Entsprechend können Massnahmen eingeleitet werden. Das Vorhandensein einer Revisionsstelle ist kein Garant für solide Finanzen, die Revisionsstelle kann jedoch dazu beitragen, Konkurse vorzubeugen und Konkursverschleppungen zu vermeiden.

Revidiertes Aktienrecht – Prüfpflichten für Gesellschaften ohne Revisionsstelle

Das am 1. Januar 2023 in Kraft getretene revidierte Aktienrecht regelt die Finanzverantwortung des Verwaltungsrates strenger als bisher. Beim Vorliegen eines «hälftigen Kapitalverlust» (Art. 725a OR) muss die Jahresrechnung nach neuem Recht vor der Genehmigung durch die Generalversammlung eingeschränkt geprüft werden.

Falls die Gesellschaft keine Revisionsstelle hat (Opting-out), muss der Verwaltungsrat in solchen Situationen einen zugelassenen Revisor mit der Prüfung der Jahresrechnung beauftragen. Somit wird sichergestellt, dass sich Gesellschaften, welche auf ein Revisionsorgan verzichtet haben, in kritischen Situationen trotzdem einer professionellen Prüfung der Jahresrechnung unterziehen müssen.

Besteht begründete Besorgnis, dass eine Überschuldung vorliegt (Art. 725b OR), so hat der Verwaltungsrat unverzüglich einen Zwischenabschluss auf der Basis von Fortführungs- und zusätzlich von Veräusserungswerten zu erstellen. Die beiden Zwischenabschlüsse müssen durch die Revisionsstelle geprüft werden.

Wenn eine Revisionsstelle fehlt (Opting-out) müssen die beiden Zwischenabschlüsse durch einen zugelassenen Revisor geprüft werden. Der zugelassene Revisor handelt im Gegensatz zur Revisionsstelle im Auftragsverhältnis und nicht als Gesellschaftsorgan.

Stefan Andres

Stefan Andres

Partner, Teamleiter-Stv.
Dipl. Wirtschaftsprüfer


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