Teilrevision Mehrwertsteuergesetz und Mehrwertsteuerverordnungen
publiziert am 28.03.2025
Der Bundesrat hat die im Juni 2023 vom Parlament verabschiedete Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG) im August 2024 per 1. Januar 2025 in Kraft gesetzt. Gleichzeitig tritt auch die teilrevidierte Mehrwertsteuerverordnung (MWSTV) in Kraft.
Eines der wichtigen Elemente der Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes ist die Einführung der Plattformbesteuerung. Neu müssen die Versandhandelsplattformen alle Lieferungen von Waren deklarieren und versteuern, die über ihre Plattform abgewickelt werden. Die ESTV kann administrative Massnahmen verfügen, wenn sich Versandhandelsplattformen oder -unternehmen zu Unrecht nicht registriert haben oder sie ihren Abrechnungs- und Zahlungspflichten nicht nachkommen. Sie kann ein Einfuhrverbot für Lieferungen des betreffenden Unternehmens und als letzte Massnahme die Vernichtung der Gegenstände verfügen. Zudem kann sie zum Schutz der Kundinnen und Kunden die Namen der Unternehmen veröffentlichen, gegen die solche Massnahmen zur Anwendung kommen.
Des Weiteren wird eine Informationspflicht für alle Online-Plattformen eingeführt. Die ESTV kann diese künftig auffordern, ihr mitzuteilen, wer über die Plattform Leistungen in einem Umfang anbietet, der die Steuerpflicht bei der Mehrwertsteuer auslösen könnte. Dabei geht es vor allem um Dienstleistungen im Bereich der Beförderung (Taxifahrten, Kurierfahrten) und der Beherbergung (Vermietung von Unterkünften), für welche die Plattformen nicht als Leistungserbringerinnen gelten.
Neu können KMU mit einem Umsatz bis zu 5 Mio. CHF die Mehrwertsteuer jährlich abrechnen. Die jährliche Abrechnung ist verbunden mit der Verpflichtung zur Zahlung von Raten. Die Raten werden von der ESTV festgesetzt, in der Regel anhand der Steuerforderung der letzten Steuerperiode.
Von Gemeinwesen ausgerichtete Subventionen sollen nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, wenn sie zur Erfüllung grundlegender gesetzlicher Aufgaben ausgerichtet werden. Bezeichnet ein Gemeinwesen von ihm ausgerichtete Mittel gegenüber den Empfangenden ausdrücklich als Subvention oder anderen öffentlich-rechtlichen Beitrag, so können diese steuerlich nicht anders qualifiziert werden.
Die ESTV kann darauf verzichten, ausländische Unternehmen zu verpflichten, eine Steuervertretung in der Schweiz zu bestimmen, wenn sie die Verfahrenspflichten auf andere Weise erfüllen.
Neu von der MWST ausgenommen sind:
- die durch inländische und ausländische Reisebüros weiterverkauften Reiseleistungen und ihre damit zusammenhängenden Dienstleistungen;
- die aktive Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen;
- die Leistungen der koordinierten Versorgung bei Heilbehandlungen;
- das Zurverfügungstellen von Infrastruktur an Belegärzte in Ambulatorien und Tageskliniken;
- die Betreuungs- und hauswirtschaftlichen Leistungen der privaten Spitex;
- das Zurverfügungstellen von Personal durch alle nichtgewinnorientierten Organisationen;
- das Anbieten von Anlagegruppen von Anlagestiftungen nach BVG und das Verwalten von Anlagegruppen.
Zwecks Betrugsbekämpfung wird die ESTV ermächtigt, von Mitgliedern der geschäftsführenden Organe von juristischen Personen Sicherheiten zu verlangen, wenn sie dem geschäftsführenden Organ von mindestens zwei weiteren juristischen Personen angehörten, die innert kurzer Zeit in Konkurs gefallen sind.
Die Übertragung von Emissionsrechten, Zertifikaten und Bescheinigungen für Emissionsverminderungen, Herkunftsnachweisen für Elektrizität und ähnlichen Rechten unterliegen neu der Bezugsteuer, und zwar auch dann, wenn der Bezug von einem Unternehmen mit Sitz im Inland erfolgt.
Für Anwender der Saldo (SSS)- oder Pauschalsteuersatzmethode (PSS) ergeben sich zahlreiche Änderungen:
- Beim Wechsel von der effektiven zur SSS/PSS-Methode ist auf dem Zeitwert der Gegenstände und Dienstleistungen die früher in Abzug gebrachte Vorsteuer zurückzuerstatten (Eigenverbrauch).
- Beim Wechsel von der SSS/PSS-Methode zur effektiven Abrechnungsmethode kann die auf dem Zeitwert der Gegenstände und Dienstleistungen lastende Steuer als Vorsteuer abgezogen werden (Einlageentsteuerung).
- Die bisherige Beschränkung auf maximal zwei anwendbare Saldosteuersätze sowie die Sonderregelungen für Mischbranchen und betreffend Export von Gegenständen (Formular 1050), Abrechnung der fiktiven Vorsteuer (Formular 1055) und Margenbesteuerung (Formular 1056) werden aufgehoben.
- Für jede Tätigkeit, deren Anteil am Gesamtumsatz aus steuerbaren Leistungen mehr als 10% beträgt, ist der dafür festgelegte Saldosteuersatz anzuwenden.
- Ein Wechsel der Abrechnungsmethode von PSS zu effektiv oder umgekehrt ist neu jedes Jahr möglich, die 3- resp. 10-Jahresfrist wurde aufgehoben.
Ebenfalls am 1. Januar 2025 tritt die Änderung der ESTV-Verordnung über die Höhe der Saldosteuersätze in Kraft. Bei rund 15% der Branchen und Tätigkeiten ergibt diese eine Steuersatzanpassung.
Die ESTV publiziert die mit den Gesetzes- und Verordnungsänderungen zusammenhängende Praxis fortlaufend auf ihrer Homepage.
Sind Sie von den Änderungen direkt betroffen? Wir stehen Ihnen bei der Umsetzung oder bei Fragen gerne zur Verfügung.

Elmar Schafer
Vize-Direktor
MWST-Spezialist
Fachmann im Finanz- und Rechnungswesen mit eidg. Fachausweis
T +41 26 492 78 52
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