Schutz vor ungerechtfertigten Betreibungen
Das Schweizer Zwangsvollstreckungsrecht zeichnet sich dadurch aus, dass mittels Betreibungsbegehren an das zuständige Betreibungsamt gegen jeden ein Zahlungsbefehl erwirkt werden kann, unabhängig davon, ob die Forderung tatsächlich besteht oder nicht. Das Betreibungsamt darf nach Erhalt des Betreibungsbegehrens den Bestand der Forderung nicht überprüfen. So kommt es in der Praxis vor, dass eine Betreibung lediglich zur Schikane gegen den Betriebenen eingeleitet wird. Die Problematik lag bis anhin darin, dass sich ein Betriebener nur sehr mühsam gegen eine solche ungerechtfertigte Betreibung zur Wehr setzen konnte und eine solche Betreibung vorerst - auch wenn sie mittels Rechtsvorschlag bestritten wurde - für Dritte im Betreibungsregisterauszug ersichtlich war.
Am 1. Januar 2019 ist nun der neue Art. 8a Abs. 3 lit. d des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) in Kraft getreten. Seither ist es für den Betriebenen möglich, sich gegen ungerechtfertigte Betreibungen insoweit zur Wehr zu setzen, dass eine solche Betreibung im Betreibungsregisterauszug für Dritten nicht sichtbar ist.
Gemäss dieser neuen Bestimmung muss der Betriebene, welcher der Ansicht ist, die gegen ihn angehobene Betreibung sei ungerechtfertigt, vorerst innert 10 Tagen nach Zustellung des Zahlungsbefehls Rechtsvorschlag erheben. Danach muss der Betriebene drei Monate ab Zustellung des Zahlungsbefehls abwarten, bevor er beim Betreibungsamt, welches den Zahlungsbefehl ausgestellt hat, ein Gesuch um Nichtbekanntgabe einer Betreibung an Dritte stellen kann. Während diesen drei Monaten ist die Betreibung für Dritte allerdings sichtbar. Das Bundesamt für Justiz stellt für ein solches Gesuch ein entsprechendes Musterformular* zur Verfügung, welches allerdings nicht zwingend verwendet werden muss, da das Gesuch theoretisch auch mündlich beim zuständigen Betreibungsamt gestellt werden könnte.
Hat das zuständige Betreibungsamt ab Eingang des Gesuchs keine Kenntnis darüber, ob der angebliche Gläubiger ein Verfahren um Beseitigung des Rechtsvorschlags eingeleitet hat, fordert es den angeblichen Gläubiger auf, zum Gesuch des Betriebenen innert 20 Tagen Stellung zu nehmen resp. den Nachweis zu erbringen, dass er ein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlags eingeleitet hat. Dabei muss der angebliche Gläubiger durch entsprechende Belege nachweisen, dass er ein Rechtsöffnungsverfahren oder eine Anerkennungsklage bei der zuständigen Behörde eingereicht hat.
Falls jedoch das Betreibungsamt zum Zeitpunkt des Gesuchs bereits Kenntnis davon hat, dass der angebliche Gläubiger ein Verfahren zwecks Beseitigung des Rechtsvorschlags eingeleitet oder eine Anerkennungsklage angehoben hat, weist das Betreibungsamt das Gesuch des Betriebenen mittels Verfügung ab. Reagiert der angebliche Gläubiger nicht innert der vom Betreibungsamt angesetzten 20-tägigen Frist, bewilligt das Betreibungsamt das Gesuch des Betriebenen, sodass die Betreibung für Dritte künftig nicht mehr sichtbar ist. Erbringt der angebliche Gläubiger hingegen nachträglich den Nachweis, d.h. nach Ablauf der 20-tätigen Frist, dass er ein Rechtsöffnungsverfahren eingeleitet oder eine Anerkennungsklage angehoben hat, wird die Betreibung Dritten wieder zur Kenntnis gebracht.
Bis anhin musste der angebliche Gläubiger nach Anhebung der Betreibung mittels Betreibungsbegehrens nicht unbedingt weitere Schritte in die Wege leiten, sondern hatte allenfalls sein beabsichtigtes Ziel der Rufschädigung bereits damit erreicht, dass der Betriebene für die kommenden fünf Jahre einen Eintrag im Betreibungsregister zu verzeichnen hat, sofern sich der Betriebene nicht mittels prozessualen, teilweise mühsamen und kostspieligen Möglichkeiten zur Wehr setzte. So konnte der Betriebene nur mittels negativer Feststellungsklage gemäss Art. 88 der Schweizerischen Zivilprozessordnung oder Art. 9 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb oder mit der Beschwerde nach Art. 17 SchKG gegen die ungerechtfertigte Betreibung vorgehen.
Das Betreibungsregister soll Dritten, die ein Interesse am Einsichtsrecht gemäss Art. 8a Abs. 1 SchKG glaubhaft machen können, als Informationsquelle über die Kreditwürdigkeit einer Person zur Verfügung stehen, indem es Rückschlüsse auf deren Zahlungsfähig- und Zahlungswilligkeit zulässt. Hingegen sollen aber auch die Interessen des Betriebenen berücksichtigt werden, sodass der Betreibungsregisterauszug keinen falschen Eindruck über seine Kreditwürdigkeit oder auch Vertrauenswürdigkeit erweckt. Ein Eintrag im Betreibungsregister kann u.a. bei der Wohnungssuche oder bei der Beantragung eines Kredits mit schwerwiegenden Nachteilen verbunden sein. Obschon mit Gutheissung des Gesuchs um Nichtbekanntgabe einer Betreibung gegenüber Dritten nicht die endgültige Löschung des Eintrags im Betreibungsregisterauszug bewirkt wird, ermöglicht die neue Bestimmung von Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG mit relativ geringem Aufwand, die negativen Folgen einer ungerechtfertigten Betreibung abzuwenden.
Wir helfen Ihnen bei Fragen im Zusammenhang mit einem Gesuch um Nichtbekanntgabe einer Betreibung an Dritte gerne weiter.
Zacharias Zwahlen
Leiter Wirtschafts- und Rechtsberatung
Rechtsanwalt
zzw@core-partner.ch
* www.bj.admin.ch/content/dam/data/bj/wirtschaft/schkg/musterformulare/form/02-fak-d.pdf, besucht am 08.05.2019