Pensionskasse in Unterdeckung: was sind die Folgen?
In einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld ist nicht auszuschliessen, dass sich auch die Vermögensanlagen von Pensionskassen negativ entwickeln. Das Jahr 2022 hat mit grösseren Turbulenzen an den Finanzmärkten mehrere Pensionskassen vor grosse Herausforderungen gestellt. Innerhalb von einem Jahr hat sich die finanzielle Lage von teilautonomen Pensionskassen stark verändert und mehrere befanden sich per Ende 2022 in Unterdeckung.
Von einer Unterdeckung der Pensionskasse ist die Rede, wenn der Deckungsgrad unter 100% liegt. Dies ist der Fall, wenn das Vorsorgevermögen am Bilanzstichtag die Vorsorgeverpflichtungen nicht mehr deckt. Je nach Grad der Unterdeckung müssen Sanierungsmassnahmen ergriffen werden. Um sich vor Unterdeckung und ständigen Sanierungsmassnahmen zu schützen sind Pensionskassen verpflichtet Reserven aufzubauen. Bei grösseren Schwankungen an den Finanzmärkten reichen diese jedoch nicht immer aus.
Bei der Unterdeckung ist zu unterscheiden zwischen einer geringen oder einer erheblichen Unterdeckung. Sofern diese innerhalb von 5 Jahren ohne Sanierungsmassnahmen behoben werden kann, handelt es sich um eine geringe Unterdeckung. In jedem anderen Fall wird von einer erheblichen Unterdeckung gesprochen, welche zwingend das Einleiten von Sanierungsmassnahmen zur Folge hat. Die Behebung der Unterdeckung muss innerhalb einer Frist von 5 bis 7 Jahren erfolgen. Folgende Massnahmen sind zugelassen:
- Tiefere Verzinsung des obligatorischen Altersguthabens
- Tiefere oder Streichung der Verzinsung auf dem überobligatorischen Altersguthaben
- Einschränkung der Bezugsmöglichkeit zum Erwerb von Wohneigentum
- Zusätzliche Einlage des Arbeitgebers
- Sanierungsbeiträge seitens Arbeitgeber und Arbeitnehmer
- Reduktion von laufenden Altersrenten (Kürzung ist nur auf freiwilligeRentenerhöhungen der letzten 10 Jahren möglich)
Da die Sanierungsmassnahmen je nach Bestand der Pensionskasse unterschiedliche Wirkungen zeigen und die involvierten Parteien ungleichmässig treffen, ist eine Kombination von verschiedenen Massnahmen empfehlenswert. Eine tiefere Verzinsung von Altersguthaben trifft zum Beispiel nur die Arbeitnehmer, während Sanierungsbeiträge sowohl Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer belasten. Einzig bei Kürzungen von laufenden Renten, welche nur begrenzt möglich sind, tragen auch Rentner zur Sanierung bei. Es sollte nicht ausser Acht gelassen werden, dass eine tiefere Verzinsung ältere Versicherte mit höheren Altersguthaben stärker belastet als jüngere und mit Sanierungsbeiträgen Gutverdienende einen grösseren Beitrag leisten. Die Einschränkung des Vorbezugs für Wohneigentum wird hingegen eher den jüngeren Personen die Eigenheimfinanzierung erschweren.
Die Risiken einer Unterdeckung und die damit zusammenhängenden Sanierungsmassnahmen sollten in die Wahl der Pensionskasse einbezogen werden. Nebst dem Deckungsgrad ist auch dem zur Berechnung herangezogenen technischen Zinssatz Beachtung zu schenken. Künftig fällige Rentenleistungen werden mit dem technischen Zinssatz diskontiert. Wird mit einem hohen Zinssatz diskontiert, ist heute weniger Kapital zur Deckung der Verpflichtung nötig. Der Deckungsgrad fällt höher aus. Wird der technische Zinssatz aufgrund sich verschlechternden Renditeaussichten reduziert hat dies eine Erhöhung des heute benötigten Deckungskapitals und eine Senkung des Deckungsgrads zur Folge. Ein hoher und eventuell zu optimistischer Zinssatz sollte deshalb mit Vorsicht betrachtet und hinterfragt werden. Für die Beurteilung der Pensionskasse muss zudem zwingend das Verhältnis von Rentnern und aktiv Versicherten geprüft werden. Ein ungünstiges Verhältnis mit einem hohen Rentneranteil erschwert die Sanierung und belastet die aktiv Versicherten umso mehr.
Wer sich die Sorgen um Deckungsgrad und Sanierungsmassnahmen ersparen will kann sich noch für das Pensionskassenmodel der Vollversicherung entscheiden. Bei Vollversicherungen werden sämtliche Risiken rückversichert. Der Deckungsgrad beträgt somit immer 100%. Diese Sicherheit hat jedoch ihren Preis. Die Prämien sind deutlich höher und die Verzinsung des Altersguthabens fällt langfristig viel tiefer aus als bei teilautonomen Pensionskassen. Dies aus dem einfachen Grund, dass die Vollversicherung für die gebotene Sicherheit eine sehr vorsichtige Anlagestrategie verfolgt und hohe Rückstellungen bildet.
Die Wahl der richtigen Pensionskasse ist ein komplexer Prozess, bei welchem das Sicherheitsbedürfnis bei der Entscheidungsfindung nicht vernachlässigt und Vor- und Nachteile gut abgewogen werden sollten.
Valentin Chiquet
Handlungsbevollmächtigter
Finanzplanung & Vorsorgeberatung
BSc HES-SO in Betriebsökonomie
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