Kurzstatuten und Organisationsreglement

publiziert am 28.03.2025

Per 31. Dezember 2024 endet die zweijährige Übergangsfrist, welche Aktiengesellschaften gewährt wurde, um ihre Statuten dem neuen Aktienrecht anzupassen, welches per 1. Januar 2023 in Kraft gesetzt wurde. Werden die altrechtlichen Statuten bis zu diesem Zeitpunkt nicht ans neue Recht angepasst und widersprechen sie den neuen Bestimmungen des revidierten Aktienrechts, gelten ohne Weiteres die Letzteren.

Um Missverständnissen entgegenzuwirken, aber auch um von den Vorzügen des neuen Aktienrechts (z.B. Durchführung von virtuellen oder hybriden Generalversammlungen, Abhalten von Generalversammlungen im Ausland, Einführung einer Schiedsgerichtsbarkeit etc.) profitieren zu können, empfiehlt es sich, die Statuten zeitnah überprüfen und allenfalls anpassen zu lassen. Kommt der Verwaltungsrat zur Erkenntnis, dass die gegenwärtigen Statuten nicht mehr dem geltenden Recht oder den Bedürfnissen der Gesellschaft entsprechen, bietet sich eine umfassende Überarbeitung der Statuten an.

Aufgrund unserer praktischen Erfahrung empfehlen wir in der Regel Kurzstatuten, die jedoch nicht mit “Minimalstatuten” zu verwechseln sind, welche nur den gesetzlichen Mindestinhalt aufweisen. Bei Kurzstatuten wird einerseits darauf verzichtet, ohnehin zwingende Vorschriften des Aktienrechts (z.B. betreffend die unübertragbaren Aufgaben des Verwaltungsrates, Regelungen zur Rechnungslegung oder zur Revision etc.) “abzuschreiben”, andererseits jedoch werden genau jene Punkte bedürfnisgerecht geregelt, die einer expliziten statutarischen Grundlage bedürfen, damit die Gesellschaft von bestimmen Möglichkeiten und Vorzügen des Aktienrechtes profitieren kann. Je nach konkreter Konstellation können Kurzstatuten weitere Vorteile mit sich bringen:

  • Kurzstatuten sind oft flexibler und einfacher zu handhaben. Sie enthalten nur die wesentlichen Bestimmungen. Der Rest ist im Gesetz klar geregelt. Dies kann besonders nützlich sein, wenn schnelle Entscheidungen erforderlich sind oder wenn die Gesellschaft in einem dynamischen Umfeld operiert;
     
  • Da Kurzstatuten weniger komplex sind, sind sie oft klarer und leichter verständlich für alle Beteiligten. Dies kann dazu beitragen, Missverständnisse zu vermeiden und die Kommunikation innerhalb der Gesellschaft zu verbessern;
     
  • Mit Kurzstatuten können Entscheidungsprozesse effizienter gestaltet werden, da weniger formale Anforderungen und bürokratische Hürden bestehen. Dies kann die Reaktionsfähigkeit der Gesellschaft auf Veränderungen im Markt oder in der Geschäftsumgebung erhöhen.

Je nach Grösse und Komplexität der Gesellschaft kann es sinnvoll sein, zeitnah mit der Einführung von Kurzstatuten die Organisation des Verwaltungsrates in einem gesonderten Organisationsreglement festzuhalten. Insbesondere und sofern die (Kurz)Statuten nichts anderes vorsehen, kann der Verwaltungsrat die Geschäftsführung nach Massgabe eines Organisationsreglements an eine Geschäftsleitung übertragen, was den Einsatz eines Organisationsreglements unabdingbar macht. Darin werden etwa geregelt:

  • Delegation der Geschäftsführung: Das Reglement legt fest, wie und an wen der Verwaltungsrat Teile der Geschäftsführung delegiert;
  • Zusammensetzung und Konstituierung des Verwaltungsrats;
  • Ablauf von Verwaltungsratssitzungen, einschliesslich Einberufung, Traktandierung und Beschlussfassung;
  • Zeichnungsberechtigungen und Vertretungsbefugnisse;
  • Entschädigungsregelungen für den Verwaltungsrat;
  • Ausstandsregelungen bei Interessenkonflikten;
  • Protokollführung der Verwaltungsratssitzungen;
  • Aufgaben und Kompetenzen des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung;
  • Berichterstattung und Informationsfluss zwischen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung;
  • Regelungen zur Vorbereitung, Einberufung und Durchführung von Generalversammlungen.

Anders als die von der Generalversammlung zu beschliessenden und öffentlich zu beurkundenden Statutenänderungen, können Organisationsreglemente direkt vom Verwaltungsrat im Rahmen eines von ihm selbst gefassten Beschlusses angepasst werden, womit i.d.R. ein Zeit- und Geldersparnis einhergeht.

Bei einfacheren Verhältnissen, etwa bei sogenannten “Ein-Mann/Frau-Aktiengesellschaften”, wo sich Generalversammlung und geschäftsführenden Verwaltungsart auf eine Person beschränken, kann allenfalls auf die Erstellung einen Organisationsreglements trotz dem Einsatz von Kurzstatuten verzichtet werden, sofern keine Delegation der Geschäftsführung an eine Geschäftsleitung erfolgt.

Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass zwar kein zwingender Handlungsbedarf besteht, dass es Aktiengesellschaften, die ihre Statuten noch nicht an das neue Aktienrecht angepasst haben, aber zu empfehlen ist, ihre Statuten zu überarbeiten. Um sich eine grösstmögliche Flexibilität offenzuhalten, bietet sich dabei der Einsatz von Kurzstatuten an, die allenfalls mit einem Organisationsreglement zu ergänzen sind.

Dr. iur. Adriano Toma

Dr. iur. Adriano Toma

Prokurist
Rechtsanwalt
Eidg. dipl. Experte in Rechnungslegung und Controlling
Betriebswirtschafter HF


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