Ein Jahr revidiertes Aktienrecht aus der Sicht des Wirtschaftsprüfers

publiziert am 17.04.2025

Per 1. Januar 2023 ist das neue Aktienrecht in Kraft getreten, Zeit für einen Rückblick auf das erste Anwendungsjahr (Geschäftsjahr 2023) aus Sicht des Wirtschaftsprüfers.

Im Newsletter vom Dezember 2022 haben wir in Bezug auf das in Kraft treten des neuen Aktienrechtes insbesondere die folgenden Themen dargestellt:

  • Gewinnverwendung und Verlustverrechnung
  • Zwischendividenden
  • Sanierung

Gewinnverwendung

Die Vereinfachung der Reservezuweisung von einheitlich 5% des Jahresgewinnes bis zum Erreichen von 50% des im Handelsregister eingetragenen Kapitals hat sich bewährt.

Verlustverrechnung

Die neu im Gesetz definierte Reihenfolge der Verlustverrechnung hat im ersten Anwendungsjahr zum Teil zu Unklarheiten geführt, da für gewisse Situationen von einer Verrechnung abgesehen werden kann.

Nachfolgend dargestellt die Reihenfolge der gesetzlich geregelten Verlustverrechnung:

  1. mit dem Gewinnvortrag
  2. mit freiwilligen Gewinnreserven
  3. mit der gesetzlichen Gewinnreserve
  4. mit der gesetzlichen Kapitalreserve

Alternativ zur Verrechnung mit der gesetzlichen Gewinnreserve (3) sowie der gesetzlichen Kapitalreserve (4) kann auch ein Vortrag auf neue Rechnung vorgenommen werden.
Damit dieser Vortrag vorgenommen werden kann ist jedoch zwingend ein Antrag des Verwaltungsrates an die Generalversammlung zur Verlustverrechnung gemäss Art. 674 nOR notwendig, da der Beschluss zur Auflösung von gesetzlichen Reserven nach wie vor einzig in der Kompetenz der Generalversammlung liegt.

Sanierung

Im Zusammenhang mit der Sanierung von Unternehmen sind die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften mit dem Tatbestand der “drohenden Zahlungsunfähigkeit” in Art. 725 OR erweitert worden.

Das Obligationenrecht schreibt dem Verwaltungsrat in Art. 716a OR die unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben vor. Diese umfassen unter anderem die

  • Ausgestaltung des Rechnungswesens, sowie der Finanzkontrolle und –planung welche die Bereiche Budgetierung, Kapitalbeschaffung, Mittelverwendung sowie Liquiditäsplanung / -steuerung umfasst.

Im Falle einer drohenden Zahlungsunfähigkeit muss der Verwaltungsrat gemäss Art. 725 II nOR folgende Massnahmen ergreifen

  • Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit
  • Soweit notwendig weitere Massnahmen zur Sanierung der Gesellschaft

Besteht ein Kapitalverlust gem. Art. 725a nOR ist dieser zu beseitigen, falls erforderlich sind Sanierungsmassnahmen einzuleiten und in Fällen ohne Revisionsstelle (opting out) ist zwingend die letzte Jahresrechnung durch einen “ad hoc”-gewählten zugelassenen Revisor eingeschränkt zu prüfen. Diese Prüfung hat auch dann zu erfolgen, wenn eine Überschuldungssituation gem. Art. 725b nOR besteht und dies unabhängig davon ob Rangrücktritte in ausreichender Höhe vorliegen.

Wird diese Prüfung unterlassen sind die entsprechenden Beschlüsse zur Generalversammlung zur Genehmigung der Jahresrechnung sowie der Verwendung des Bilanzgewinnes nichtig. Dies kann insbesondere bei einem späteren Verkauf des Unternehmens im Rahmen einer Due-Diligence zu Nachteilen führen.

Ergänzend zu obigen Ausführungen ist nachfolgend die Berechnung des Kapitalverlust gem. Art. 725a nOR dargestellt:

  • Aktiven grösser als Fremdkapital
  • Jedoch kleiner als 50% des (Aktienkapital + gesetzliche Reserven) + Fremdkapital

Die gesetzlichen Reserven umfassen:

  • Gesetzliche Kapitalreserven
  • Gesetzliche Gewinnreserven
  • Reserven für (indirekt gehaltene) eigene Aktien
  • Aufwertungsreserven

Für die obige Berechnung werden von diesen Reserven maximal 150% des Aktienkapitals angerechnet.

Grundsätzlich ist aus unserer Sicht die Umsetzung der neuen Vorschriften im ersten Anwendungsjahr gut umgesetzt worden, bei Unsicherheiten konnten wir jeweils unterstützend wirken. Falls Sie Anwendungsfragen oder Unsicherheiten haben stehen wir in Ihnen mit unserem Wirtschaftsprüferteam gerne zur Verfügung.

Peter Schütz

Peter Schütz

Kollektivunterschrift zu zweien
Teamleiter-Stv.
Dipl. Wirtschaftsprüfer


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