Die Amtsdauer des Verwaltungsrats als potenzieller Stolperstein

publiziert am 05.03.2025

Bei einer Konfliktsituation im Aktionariat eines nicht börsenkotierten Unternehmens kann die Amtsdauer des Verwaltungsrats relevant für die Gültigkeit der Generalversammlung sein.

Die gesetzliche Amtsdauer von Verwaltungsräten einer nicht börsenkotierten Aktiengesellschaft beträgt drei Jahre, sie darf sechs Jahre jedoch nicht übersteigen. Häufig wird in den Statuten jedoch eine jährliche Wiederwahl des Verwaltungsrats vorgesehen.Die gesetzliche Amtsdauer von Verwaltungsräten einer nicht börsenkotierten Aktiengesellschaft beträgt drei Jahre, sie darf sechs Jahre jedoch nicht übersteigen. Häufig wird in den Statuten jedoch eine jährliche Wiederwahl des Verwaltungsrates vorgesehen.

Einberufung der GV

Die Generalversammlung (GV) wird durch den Verwaltungsrat oder nötigenfalls durch die Revisionsstelle einberufen. Von Gesetzes wegen hat die ordentliche GV jährlich innert sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres stattzufinden. Da es sich bei dieser Frist um eine Ordnungsvorschrift handelt, deren Verletzung grundsätzlich weder die Versammlung ungültig noch die darin gefassten Beschlüsse anfechtbar macht, wird dieser oftmals nicht die notwendige Beachtung geschenkt.

Rechtsprechung

Das Bundesgericht urteilte in BGE 148 III 69, dass das Amt eines Verwaltungsrats mit Ablauf des sechsten Monats nach Schluss des letzten Geschäftsjahres seiner Amtszeit endet und sich nicht automatisch bis zur nächsten GV (mit Wahlen) verlängert. Dies bedeutet, dass der Verwaltungsrat automatisch aus dem Amt scheidet, wenn er nicht innert dieser Frist wiedergewählt wird, jedoch faktisches Organ ist und damit für seine Handlungen beziehungsweise Unterlassungen der Gesellschaft verantwortlich bleibt.

Mit Entscheid vom 2. Mai 2024 (4A_387/2023, 4A_429/2023) hat das Bundesgericht seine vorgenannte Rechtsprechung in zweifacher Hinsicht präzisiert:

- Ein Verwaltungsrat kann nach Ablauf seiner Amtszeit als faktisches Organ nicht gültig eine GV einberufen; die Beschlüsse einer solchen GV sind nichtig, weil durch ein unzuständiges Organ einberufen;

- Das Amt der Revisionsstelle endet wie im Gesetz vorgesehen erst mit der Abnahme der letzten Jahresrechnung an der GV; die Amtszeit verlängert sich somit automatisch und dauert bis zu jener GV an.

Folgen

Hat die Gesellschaft aufgrund einer verpassten (Wieder-)Wahl keinen Verwaltungsrat mehr, kann der ausgeschiedene Verwaltungsrat als faktisches Organ somit nicht gültig eine GV einberufen. Entscheide dieser formell nicht gehörig eingeladenen GV wären nichtig, das heisst inexistent. Das Fehlen des Verwaltungsrats stellt einen Organisationsmangel der Gesellschaft dar.

Lösungsansätze

Solange eine Gesellschaft mittels Universalversammlung (eine GV, bei der sämtliche Aktionäre anwesend sind) eine GV durchführt, oder über ihre Revisionsstelle die ordentliche GV einberufen lassen kann, können die oben beschriebenen Organisationsmängel eigenständig behoben werden.

Diese Lösungen scheitern in der Praxis regelmässig bei einer Konfliktsituation im Aktionariat einer Gesellschaft ohne Revisionsstelle (Opting-out). Auch die Beantragung einer GV durch einen Zehn-Prozent-Aktionär schafft hier keine Abhilfe, weil diesfalls kein Verwaltungsrat mehr besteht, der diesen Antrag gültig genehmigen könnte. Es bleibt dem Aktionär nur der Gang zum Gericht mit dem Antrag, den Organisationsmangel der Gesellschaft zu beheben und Wahlen durchzuführen.

Schlussfolgerungen

Nicht börsenkotierte Unternehmen mit einer Konfliktsituation im Aktionariat müssen zur Vermeidung von Organisationsmängeln ihre Statuten kennen (und allenfalls anpassen) sowie der fristgerechten Einladung und Durchführung der GV sowie Wiederwahl von Verwaltungsräten die notwendige Beachtung schenken.

Markus Meer

Markus Meer

Prokurist
Teamleiter-Stv. Wirtschafts- und Rechtsberatung
Rechtsanwalt, LL.M.


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