Der Aktionärbindungsvertrag
Die kleinen und mittleren Unternehmen spielen hierzulande eine entscheidende Rolle. So existieren in der Schweiz über 115‘000 Aktiengesellschaften, die weniger als 250 Arbeitnehmer beschäftigen und demnach als sog. KMU zu qualifizieren sind. Gerade bei diesen Aktiengesellschaften ist das Aktionariat meist überschaubar und nicht selten verfügen die Aktionäre selbst über persönliche Eigenschaften, welche für den wirtschaftlichen Erfolg der Aktiengesellschaft unerlässlich sind. Als Unternehmer und Aktionär haben Sie in diesen Fällen u.U. ein Bedürfnis den Bestand des Aktionärskreises vertraglich zu sichern sowie die Rechte und Pflichten unter den Aktionären verbindlich festzuhalten.
Damit die Aktionäre sich gegenseitig vertraglich absichern können, schliessen sie nicht selten unter sich einen Aktionärbindungsvertrag (‚ABV‘) ab. Die Motivation hierzu liegt regelmässig darin, da das Obligationenrecht bei den Bestimmungen zur Aktiengesellschaft von einem rein kapitalbezogenen Konzept ausgeht und der Aktionär rechtlich lediglich zur Leistung des für den Bezug einer Aktie festgesetzten Betrags verpflichtet werden kann (sog. Liberierungspflicht). Die Einführung von weiteren statutarischen Aktionärspflichten ist grundsätzlich unzulässig. Somit hat ein Aktionär im Unterschied zum Gesellschafter einer GmbH, bei welcher schon das Gesetz neben den kapital- eben auch personenbezogene Elemente vorsieht, keine Treuepflicht. Zudem können bei einer GmbH weitere statutarische Nebenleistungspflichten für die Gesellschafter vorgesehen werden. Die Gründe für den Abschluss eines ABV sind sehr individuell, sodass nicht auf eine allgemeingültige Mustervorlage zurückgegriffen werden kann.
Eine gesetzliche Regelung zum ABV gibt es nicht. Von einem ABV ist dann auszugehen, wenn zwei oder mehrere Parteien ihre Rechte und Pflichten, welche im Zusammenhang mit ihrer aktuellen oder künftigen Aktionärsstellung stehen, in einem Vertragsdokument verbindlich definieren und festlegen. Ein ABV regelt somit die Verhältnisse unter den Aktionären selbst ohne dass dabei die Aktiengesellschaft Partei des ABV sein muss. In rechtlicher Hinsicht kann ein ABV schuld- sowie gesellschaftsrechtliche Elemente beinhalten. Bspw. werden Stimmbindungen als gesellschaftsrechtliche und Vorhand-, Vorkaufs- sowie Kaufsrechte als schuldrechtliche Inhalte qualifiziert. In der Praxis bestehen meistens Mischformen, d.h. ABV welche sowohl gesellschafts- als auch schuldrechtliche Elemente aufweisen.
Der ABV sollte sich im Wesentlichen über folgende Punkte äussern:
- Beteiligungsverhältnisse
- Bestimmungen im Zusammenhang mit dem Verwaltungsrat
- Treue- und Informationspflicht
- Gegenseitige Erwerbsrechte
- Sanktionen bei Vertragsverletzung
- Rechtsnachfolge
- Vertragsdauer
Der ABV verpflichtet nur die Parteien, die diesem angehören und hat gegenüber der Aktiengesellschaft grundsätzlich keine Wirkung. Hält sich bspw. ein Aktionär bei einer Abstimmung anlässlich der Generalversammlung nicht an die vertragliche Vereinbarung im ABV, ist dieser Umstand gegenüber der Aktiengesellschaft unerheblich. Jedoch kann die in ihren Rechten verletzte Partei auf der Grundlage des ABV gegen die vertragsbrüchige Partei vorgehen. Das Bedürfnis in einer Aktiengesellschaft weitere Rechte und Pflichten unter den Aktionären festzulegen, besteht umso mehr, wenn neben der Erfüllung der Liberierungspflicht eben auch persönliche Eigenschaften der einzelnen Aktionäre im Vordergrund stehen. Gerade im Bereich der KMU schliessen sich nicht selten Personen aufgrund ihrer beruflichen Fähigkeiten zusammen. In diesen Konstellationen ist die Beteiligung eines unabhängigen Dritten oft unerwünscht, weshalb den anderen Parteien meist im ABV das Recht eingeräumt wird, die Aktien im Rahmen eines Vorkaufsrechts vorgängig zu erwerben, bevor diese an einen Dritten veräussert werden dürfen.
Zacharias Zwahlen
Rechtsanwalt
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